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Bergfest

Zeit für eine Zwischenbilanz:

Die erste Hälfte des ersten Bandes ist dokumentiert – in spiel- und aufnahmetechnisch noch nicht ausgereiften aber interpretatorisch akzeptablen Videos. Und die ewige Erkenntnis, dass bei Aufnahmen nur ein Bruchteil von dem ankommt, was man gefühlt musikalisch differenziert hat. Nichtdestotrotz fühlt sich der Weg bisher richtig und gut an. “Mehr” geht ja fast immer..
Der Weg durch den ersten Band des Wohltemperierten Claviers stellt sich immer mehr auch als eine Reise zu mir selbst raus. Zum Beispiel muss ich mich durch die systematische Vorgehensweise mit Stücken – und Affekten bzw. Emotionen – auseinandersetzen, die ich sonst wohl eher gemieden hätte. Vorher hab ich (nicht nur beim WTC) viel lieber die Dur Tonarten gespielt, mittlerweile gehe ich in Moll richtig auf. Die Stücke sind bei aller Tragik am Ende doch irgendwie versöhnlich und tröstend, und wenn Bach plötzlich nach Dur moduliert.. ❤
Der Zeitplan funktionierte anfangs gut, der Sommer brachte erwartete Herausforderungen und unerwartete Überraschungen: Molly ist eingezogen und hört mir jetzt regelmäßige beim Üben zu (Foto). G-Dur und G-Moll (August) reifen noch, die Arbeit an As/Gis hab ich aber auch begonnen. Die Verzögerungen im Sommer führten aber auch dazu, dass ich noch tiefer in die Werke dringen konnte (z.B. F-Moll). Ich bin gespannt, welche Ideen kommen, wenn ich die ganze Sammlung am Ende nochmal überarbeite.

Über das Üben lässt sich sagen, dass ich mittlerweile schneller einen Überblick gewinnen kann, vor allem bei die Fugen. Dabei fühlen sich die zwei- und dreistimmigen Fugen vom Bewusstseinszustand ganz anders an als die vier- bis fünfstimmigen. Kann ich in den dreistimmigen noch recht leicht die einzelnen Stimmen verfolgen und durchartikuliert denken, fällt es mir bei den vierstimmigen erheblich schwerer. Mein Verstand möchte gerne vertikal-harmonisch erfassen und weniger horizontal in polyphonem Geflecht. Aber es wird besser.
Die Fingersätze bereiten mir manchmal Schwierigkeiten, weil es wegen der Lage der Stimmen keine offensichtlich gute Lösung gibt. Unkonventionelle Abläufe und Ideen können helfen, manchmal muss die musikalische Idee auch nochmal überdacht werden. Und mit etwas Glück kommt aus dem Universum eine plötzliche Eingebung, die klanglich und haptisch gut funktioniert!